Viel Rauch ums’ Steam Festival in England
Schon einmal bin ich überraschenderweise auf einem Festival gelandet, von dem ich noch nie zuvor gehört hatte. Letztes Mal in Rumänien, diesmal hieß es: “Welcome to the Dorset Steam Festival in England!”
“Steam Festival?? Was ist das?” Ich guckte meine englische Gastfamilie fragend an. “Da musst du unbedingt hin! Das ist ein Mega Event im Süden!”
Ok, ich gebe zu, ich war skeptisch, denn die Beschreibung hörte sich alles andere als spannend an. “Steam” bedeutet Dampf und ich stellte mir direkt alte Hippies auf dem Boden im Kreis sitzend vor, die eine Rauchwolke umgab. Aber nein! Stattdessen wurden mir euphorisch Fotos von alten Dampfmaschinen auf dem Handy gezeigt und zusätzlich Musik von einer der lokalen Bands vorgespielt, die mich eher an Cotton eye Joe von Rednex erinnerte. Klingt irgendwie merkwürdig! Das schaue ich mir mal an!
Kurzer Stopp an der Küste
Bevor ich mich allerdings über tanzende Cowboys, die sich mit Stroh bewerfen auf dem Steam Festival amüsieren konnte, mussten meine Freundin und ich erstmal zwei Stunden von Yeovil nach Dorset mit dem Auto fahren. Wir machten einen kleinen Umweg zum Ärmelkanal und schauten uns den Strand und das UNESCO Weltnaturerbe, die Kreidefelsen “Old Harry Rocks” an. Es störte die Engländer übrigens wenig, dass an diesem Augusttag die Außen- und Wassertemperatur nur bei 15 Grad lag. Denn offiziell war noch immer Sommer und Sommer bedeutet nun mal auch im Meer schwimmen und kurze Hosen tragen. Ziemlich tough, diese Engländer! Die Rocks übrigens absolut sehenswert!
Steam Festival muss warten
Wir näherten uns laut der netten Stimme des Navigationsgeräts dem Veranstaltungsort und mussten feststellen: Wir hatten das Ausmaß des Steam Festivals total unterschätzt! Fast zwei weitere Stunden saßen wir im Auto, denn um das Festivalgelände herum, staute sich der Verkehr gefühlt bis nach Timbuktu. Nur sehr langsam kamen wir voran, bis wir endlich einen Parkplatz auf einem Feld, natürlich Kilometer weit vom Hotspot entfernt zugewiesen bekamen. Aber der Anblick war gigantisch! Das Festivalgelände selbst lag inmitten einer hügeligen Landschaft und drumherum hatten sich hunderttausende weiße Campervans platziert.
Das lange Warten im Stau hatte übrigens auch etwas Gutes! Denn dadurch erreichten wir den Eingang des Steam Festivals erst nach 17 Uhr, was vergünstigter Eintritt bedeutete. (10£ (also, ca. 11€), anstatt 25£)
Das Steam Festival
Das eigentliche Areal des Festivals war recht übersichtlich. Es gab mehrere Vergnügungsmeilen, an denen sich Fressbuden, Kirmes Fahrgeschäfte, Zelte und eine Bühne befanden und dazwischen standen die Hauptattraktionen: Alte Dampfmaschinen und besoffene Engländer.
Hätte mich nun jemand in diesem Moment gefragt, ob ich alte Maschinen spannend finde, hätte ich heftig mit meinem Kopf geschüttelt. Anders sahen es auf jeden Fall die ganzen Tüftler, die mit Begeisterung an ihren alten, dampfenden Schätzchen herumschraubten.
Um ein großes Feld herum, hatten sich viele Menschen mit ihren mitgebrachten Klappstühlen an den Zaun gesetzt und schauten vorbei fahrenden antiken Treckern zu. Nebenbei wurden wir alle durch eine Lautsprecheransage aufgeklärt, welches Modell denn gerade an uns vorbei tuckerte. “Dinge, die ich schon immer wissen wollte”, dachte ich mir und setzte mich dazwischen.
Langweilig? Ja, dachte ich auch erst, aber irgendwie war es cool! Der Geruch nach verbrannter Kohle lag in der Luft und das längst vergessene ratternde Zuggeräusch ließ mich nostalgisch werden. “Tut-tut” machte die traditionelle Landmaschine vor mir und ich freute mich wie ein Kind. Die Zuschauer applaudierten noch, während die Männer ordentlich kurbelten oder Holz in den Motor schoben.
Nicht nur alles Rauch
Generell herrschte eine Volksfest Atmosphäre, in der ich mich schnell wohl fühlte. Die Menschen amüsierten sich an den Fressbuden oder ließen sich von einem der wilden Fahrgeschäfte durch die Luft wirbeln.
Mit einem Burger in der Hand setzten wir uns vor die Bühne, auf der gerade ein lokaler Axl Rose Verschnitt sein bestes gab. Ich stellte fest, hier lag gar kein Stroh (…und keiner hatte eine Maske auf höhö) und echte Cowboys hüpften hier auch nicht herum. Stattdessen beobachte ich junge Engländer, die Trinkspielchen spielten. Immer wieder legte einer neben mir seine Stirn auf einen senkrechten Stock und drehte sich dabei solange um die eigene Achse, bis er umfiel. Lustig eigentlich, wie wenig Mühe sich die Engländer geben müssen, um die typischen Klischees zu erfüllen …und ich verstand auch, warum die meisten mit ihren Campingwagen anreisten.
Das jährlich stattfindende Steam Festival dauert vier Tage und ist sehr bekannt, zumindest bei den Engländern. Der volle Name lautet übrigens “Great Dorset Steam Fair” und “great” war es auf jeden Fall!
Um noch mehr von dem Steam Festival zu zeigen, habe ich mal ein Video von 2016 herausgesucht. Hier sieht man auch, dass es nicht nur alte Dampfmaschinen zu bestaunen gibt. Bye bye Dorset!
Lust bekommen noch über mein anderes Festival- Abenteuer zu lesen? Dann bist du hier richtig!