Caminho Portugues Küstenweg – Let’s go!
Caminho Portugues Küstenweg, laut Reiseführer 261 km, 17 Tage Zeit bis zum Rückflug – Challenge accepted! Es war mal wieder soweit! Nach 7 Jahren hatte ich das Gefühl, dass es wieder Zeit für einen Jakobsweg wurde. Schon damals 2016 half mir der 800 km lange Camino Francés meine Gedanken zu sortieren und mein Leben zu bereichern. Kurz drüber nachgedacht, 3 Wochen Urlaub eingereicht und los ging die Planung. Es sollte von Porto aus an der Küste zu Fuß nach Santiago de Compostela gehen und diesmal mit mir auch die Hoffnung, den Corona-Blues und ein paar Couch-Pfunde loszuwerden. Kurzer Spoiler: Es hat beides geklappt!
Warum der Caminho Portugues Küstenweg?
Es gibt natürlich einige Jakobswege zur Auswahl, aber der Portugiesische erschien perfekt für mich: In 2 Wochen machbar, Wander-Level leicht, günstig und dazu noch schön im Mai an der Atlantikküste entlang wandern, das hörte sich wirklich traumhaft an.
Kleines, leichtes Gepäck
1-2 Wochen vorher wurde es dann langsam ernst. Ich schmiss spontan den Gedanken des Vortrainings über Bord (pff, wer braucht das auch schon) und kümmerte mich stattdessen lieber ums Gepäck. Ich kaufte einen neuen 30 Liter Rucksack und schüttelte zweifelnd mit dem Kopf, als ich den Haufen zusammengetragener, eigentlich unverzichtbarer Dinge vor mir liegen sah. Niemals passte das da alles dort rein.
Also reduzierte ich nun jeden Tag ein bisschen. An einem Tag flogen die zusätzlichen Sneakers raus, an einem nächsten Tag ein “Ausgeh-Outfit” und am darauffolgenden musste auch die Regenjacke weichen. Ich stellte erschreckend fest, dass mein Backpacker Minimalismus die letzten Jahre doch heimlich wieder aufgestockt hatte und mir mein Gehirn nun ständig Gründe präsentierte, warum ein Gegenstand nun doch unbedingt mit musste. Ich wehrte mich und blieb konsequent, mehr als dieser kleine Rucksack mit Equipment kam nicht infrage und auch unter 10 Kilo sollten es sein.
Am Morgen vor der Abreise war es dann vollendet. Ich hatte es geschafft, mich wirklich meines Erachtens auf das Notwendigste zu beschränken. Der Rucksack ging problemlos zu und brachte nun 6 Kilo auf die Waage. Nice!
Dinge, die ich benötigte auf dem Caminho Portugues Küstenweg
Überall im Netz und Reiseführern ist nachzulesen, was man alles für den Jakobsweg braucht und obwohl ich alle Infos in mich aufsog, blieben Zweifel bei dem einen oder anderen Gegenstand übrig. Fakt ist: Weniger ist mehr. Alles ungebrauchte im Rucksack sind einfach Gramms zu viel beim Wandern. Es gibt ja auch diese schöne 10% Regel des eigenen Körpergewichts, die ich übrigens für nicht immer anwendbar halte.
Brauchte ich einen Schlafsack? Ja, weil ich regelmäßig in öffentlichen und kirchlichen Herbergen pennte. Ob Hüttenschlafsack, normaler kompressierbarer Schlafsack oder nur improvisiert ein Handtuch, hab ich alles gesehen, aber so ganz ohne Decke zu schlafen, wäre nicht meins gewesen. Wer nur in Hotels pennt, kann sich den Platz dafür sparen.
Was ist mit einem Kissen? Nope, nicht notwendig, gab immer welche. Gut, dass ich mich im Vorfeld schon dagegen entschieden hatte und im Notfall improvisieren wollte.
Regenequipment? Ja, schon wichtig, auch wenn ich Glück hatte und nur wenige Tröpfchen in den fast 3 Wochen abbekam. Die Frage ist eher, welches Equipment ist am sinnvollsten? Schwierig, denn manche wandern nie ohne ihren Poncho, ich selten mit Regenjacke. Falls wenig Regen vorausgesagt wird, funktioniert Rucksack-Schutz plus Regenschirm einfach am besten. Kurzer Schauer, der Schirm ist schnell aus dem Rucksack gefischt und auch wieder schnell verstaut, außerdem setzte ich ihn manchmal auch gegen die Mittagssonne ein.
Welche Schuhe? Für mich kein Thema, denn alles was länger als 10 km am Stück geht, ist ein Fall für meine Wanderschuhe. Für den Caminho Portugues Küstenweg aber eigentlich nicht notwendig. Andere schwören auf Trailrunner. Ansonsten noch Flip Flops für die Herbergen.
Was war noch wichtig für mich?
Bargeld – fast alle Herbergen und kleine Tante Emmaläden ohne EC Kartengerät. Aber in jedem etwas größeren Dorf oder in ‘ner Stadt Geldautomaten.
Plastiktüte – Zum Verstauen von Dreckwäsche oder zum Einkaufen nach dem Wandertag oder auch im Notfall um Technik vor Regen oder Sand zu schützen. …Oder andere Pilger vorm Geruch der Socken in der Herberge 😀
Für mich wichtige Apps (Google, Maps.me und booking.com) – An einigen wenigen Stellen vertraute ich den gelben Jakobswegmarkierungen nicht oder ich hatte mich schlichtweg verlaufen. Da war es super Datenvolumen zu haben und mir selbst einen Weg zu suchen. War zwar nicht immer der schönste, aber effektiv. Und für den Fall, dass die Herberge schon voll war, bei der ich nachmittags ankam, hab ich mir alternativ Hotels in der Nähe übers Phone gesucht. So klappt’s!
Reiseführer? Je nach Belieben. Ich fand’s nett das Büchlein manchmal aufzuschlagen und herauszufinden, wo die nächsten Herbergen sind oder wie der nächste Ort überhaupt heißt. Dafür hatte ich den Outdoor Reiseführer, den ich manchmal etwas konfus aufgrund der verschiedenen Wegvarianten fand, ansonsten aber brauchbar.
Was das Tageslicht meines Rucksacks nie erblickte und dennoch jeden Tag ungenutzt wieder neu verstaut werden musste: Eine dritte Hose zum Beispiel. Ich kam merkwürdigerweise sehr gut mit zweien zurecht. Während die eine frischgewaschen draußen im Garten der Herberge trocknete, zog ich die andere an. Mehr brauchte ich einfach nicht. Ich habe auch nie die Stirnlampe benötigt. Ich bin wegen müder Beine ohnehin nicht vor Sonnenaufgang losgewandert und für alles andere reichte meine Taschenlampe am Phone.
Reservierungen oder einfach los?
Ich bin eher Fan des Nicht-Vorbuchens und mit so manchem Pilger habe ich darüber diskutiert. Fazit: Das muss jeder für sich selbst herausfinden. Ich mag es einfach mal loszulaufen und den Tag auf mich zukommen zu lassen. Ich ließ lieber meinen Körper über das Ende einer Etappe anstatt meinen Kopf entscheiden. Erst wenn klar war, dass ich nicht mehr ewig durchhalte, lief ich zur nächsten öffentlichen Herberge und wenn diese schon voll war, reservierte ich mir kurz in der Nähe ein Zimmer.
Ich kann allerdings auch verstehen, dass sich manche nicht gerne täglich mit der Frage, wo sie nachts pennen werden, beschäftigen möchten. Allerdings nimmt man sich so ein Stück weit auch die Entscheidungsfreiheit oder auch spontane Eingebungen weg. Ich zum Beispiel entschied mich für eine Routenänderung mittendrin und sprang in Caminha spontan aufs Boot, um über die spanische Stadt Vigo zu wandern. Übrigens addierte ich damit so ca. 20 km mehr auf die Gesamtlänge des Weges und musste in dem Teilstück ohne öffentliche Herbergen auskommen, aber auch hier gab’s gute Wegweiser.
Warum überhaupt einen Jakobsweg?
Die alten Pilgerhasen unter euch wissen ganz genau, was für ein Camino Spirit auf dem Jakobsweg herrscht und wie schwierig es ist, das ganze in einem Satz zusammenzufassen. Ich versuche es dennoch mal: Je nach Jakobsweg und je nachdem was man sich erhofft oder sucht und Ziel, bieten diese Wanderwege, spannende Landschaften, gut ausgeschilderte Wege, einfache Infrastruktur und vor allem viele Gleichgesinnte, mit mal mehr und mit mal weniger beeindruckenden Stories.
Naja gut, so ein Satz wird diesen Wanderwegen irgendwie nicht gerecht, aber nach dem zweiten Camino kann ich auf jeden Fall sagen: Ich habe dort immer etwas gefunden, wonach ich suchte. Religiöse Pilger hab ich aber selten getroffen. Die Selbstverwirklichung, die Suche nach Freiheit oder sich selbst oder auch um Abstand zum eigenen Leben zu gewinnen, überwiegen mittlerweile deutlich.
Zu wunderschön der Caminho Portugues Küstenweg
Ja, richtig gelesen und genau das meine ich auch so. Der Caminho Portugues Küstenweg ist zu kurz um hässlich zu sein. Im Gegenteil, er ist landschaftlich wunderbar abwechslungsreich und ansprechend. Immer den Vergleich zum langen, auf die Dauer schon fast monoton wirkenden Francés im Kopf, wollte sich bei mir kein wirklicher Tiefgang meiner Gedanken einstellen. Der Weg gab einfach alles, um mich vom Grübeln abzuhalten. Hervorragendes Wetter, tolle Strände und Küsten, gute Wege und zusätzlich links und rechts Blumen- und Geruchsexplosionen. Aber wie heißt es so schön: Der Weg gibt dir das, was du brauchst! Vielleicht hab ich auch einfach nicht mehr als einen unkomplizierten, einfachen, wunderschönen Wanderweg gesucht und dennoch habe ich wieder mehr Lebensmut und Freude, Selbstvertrauen, Entspanntheit, nette Konversationen und tolle Menschen gefunden.
Spannend fand ich es zu sehen, wie Erstpilger einen Prozess durchmachten, den ich 2016 schon auf dem anderen Camino erlebte. Es liegt also an einem selbst, wie der Weg sich gestaltet oder mit Aluhut gedacht, gestaltet wird 😀
Es ist natürlich klar, dass die Leiden eines Wanderweges herausfordernder werden können, umso länger er dauert. Irgendwann kann der persönliche, körperliche Akku über Nacht nicht mehr voll aufladen und dann wird’s richtig spannend. Der Caminho Portugues Küstenweg war zumindest für mich, die in den letzten Jahren zur Couchpotato geworden war, gut machbar. Ein paar Blasen hier, ein paar Sonnenbrände dort ließen sich weglächeln. Ich hatte jeden Tag Lust in den nächsten Wandertag zu starten und mich aus meiner Komfortzone zu locken. Mehr möchte ich dazu eigentlich nicht sagen. Denn evtl. bist du auf meinem Blog gelandet, weil du interessiert bist diesen Caminho Portugues Küstenweg zu laufen. Mach es einfach – Wer sich nicht bewegt, verändert auch nichts. In diesem Sinne “Bom Caminho!”